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Normale Version: Gefühlschaos
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Hallo zusammen,

Gefühlschaos warum! meine Schwester, 5 Jahre älter als ich, hatte vor Weihnachten eine akute Psychose, sie ist seit 34 Jahre an Schizophrenie erkrankt. Diese Psychose endete wie meist mit Polizeieinsatz und mit einer Einweisung in die PA (geschlossene Station), hier fängt es an.
Wut auf das Betreuungssystem, hier wurden wir, die Angehörigen, wieder mal mit der Situation alleine gelassen, es gab keinen Notfallplan. Die Betreungsperson konnte man an dem Abend, telefonisch nicht erreichen. Auch danach habe ich bis jetzt nichts mehr persönlich von Ihr gehört, obwohl ich sie mehrfach per Email Kontaktiert habe, telefonisch funktioniert auch nicht und es kamen wieder viele viele Fragen auf!
Meine Nichte (22Jahre alt) wohnt noch bei meiner Schwester, sie verdient noch nicht ihr eigenes Geld, wir müssen bis heute für sie sorgen, es geht doch nicht das man meine Nichte ohne Geld einfach so in der Wohnung hinterlässt, immer hin versorgt sie auch die beiden Katzen von meiner Schwester, auch hier Wut auf das Betreuungssystem.
Daraus resultiert eine gewisse Ohnmacht/Hilflosigkeit, weil man hier gefühlt einfach alleine gelassen wird von Ämtern/Betreuung und Ärzten, obwohl wir versuchen uns Hilfe zu suchen aber es kommt nichts zurück und das schon seit 34 Jahren.
Und dann noch diese Schuldgefühle, weil ich meine Schwester bis jetzt erst ein einziges mal in der Klinik besucht habe, ich hatte Zeit über die Feiertage aber schon alleine der erste Besuch war für mich eine enorme Überwindung, in den letzten Jahren ist zu viel vorgefallen.
Ich bin Gott sei Dank nicht ganz alleine, ich habe noch eine weitere Schwester, wir versuchen uns, so gut es geht, untereinander zu unterstützen. Wir machen uns Sorgen, nicht wegen meiner Schwester, die wird jetzt in der Klinik versorgt, es geht um unseren Vater und um uns. Wir sind diejenigen die immer wieder den Scherbenhaufen, die meine Schwester während einer Psychose hinterläst, aufsammeln, aber wer sammelt unsere zusammen?
Schöner Mist, eben habe ich Dir eine lange Antwort geschrieben, gegen Ende bin auf irgendeine Taste gekommen, und weg ist der Text! Jetzt habe ich den Rest des Tages keine Zeit, um noch einmal mit dem Schreiben zu beginnen.
Liebe*r Roco,
ob Du weiblich oder männlichen Geschlechts bist konnte ich nicht aus Deinem Beitrag nicht herauslesen.
Endlich kann ich versuchen, einen Teil meines langen Textes zu erinnern - vielleicht ist es sogar gut, dass etwas Zeit vergangen ist, denn ich habe sehr schnell unter dem Eindruck Deiner betroffen machenden Schilderung geschrieben.
Dein Gefühlschaos können wir alle gut nachvollziehen - wie und was auch immer im Laufe der Zeit geschehen ist, und seien es auch in erste Linie gute Erfahrungen mit unserer Schwester oder Bruder, eine Aktualisierung der Psychose reißt uns in der Regel wieder in alle die emotionalen Stürme, die wir seit Beginn der Erkrankung erkennen und erleiden mussten.
Bei mir war es so: mit der Zeit wurde der Zeitraum der unproduktiven Irritationen bzw. emotionalen Stürme immer kürzer, ich konnte mich immer schneller auf das konzentrieren, was sinnvoller Weise zu tun war.
Dabei haben mich glücklicherweise professionelle Helfer in der Weise unterstützt, dass sie mit mir nicht nur über meine Gefühle sprachen, sondern sich aktiv um Hilfen für meinen Bruder kümmerten - was für die gesamte Familie sehr entlastend war. Ich wurde auch immer informiert - vorausgesetzt, ich habe aktiv nachgefragt, bei Besuchen in der Klinik oder bei einem gemeinsamen Besuch bei seinem Psychiater.
Weil ich weiß, wie hilfreich das war kann ich nachvollziehen was es bedeutet, außen vor gelassen zu werden, so wie Du es erlebst.
Eine wichtige Frage habe ich, ohne deren Beantwortung ich zu den Professionellen in Deiner Situation nichts denken oder schreiben kann: Ist die benannte Betreuungsperson eine juristische Betreuung oder eine psycho-soziale, z.B. vom Betreuten Wohnen?
Heute noch ein Satz zum Abschluss (in den nächsten Tagen melde ich mich wieder): Ich glaube, wir müssen uns in die Lage versetzten, unsere Scherben selbst aufzulesen, wie gesagt: in die Lage versetzen, ggf. brauchen wir dazu Hilfe, oft hilft, mit anderen in gleicher Situation darüber zu reden.
Alles Gute und liebe Grüße
Reinhard

Toll die doppelte Verneinung im ersten Satz unten - bitte ein "nicht" in Gedanken streichen!
Reinhard
Hallo Reinhard,
Entschuldige, hatte noch vor bei der Vorstellungrunde ein paar Sätze zu schreiben, allerdings muss ich sagen, gegenüber anderer sich zu öffnen und auf Verständnis zu stoßen ist fremd für mich.
Apropos, ich bin weiblicher Natur [Bild: smile.png]
Nach 34 Jahren habe ich eigentlich meine Gefühle recht gut im Griff aber diesmal sprudeln sie wieder über.
Soweit ich weiß, ist die Betreuungsperson eine  juristische Betreuung, die meine Schwester zu Hause, einmal die Woche oder so, betreut, sie bringt die Medikamente und hilft etwas im Haushalt.
Ich gehe davon aus, das sie zur Zeit auch den Vormund hat, auf diese und weiter Fragen erhielt ich leider keinerlei Antwort, es ist seit dem meine Schwester in die Klinik, durch die Betreuungsperson, eingewiesen worden ist, Funkstille und das schon drei Wochen. Sie meldet sich auch nicht bei meiner Nichte, die seitdem alleine zu Hause ohne Geld ist. Mein Vater und meine andere Schwester versorgen sie soweit es geht, aber so sollte es doch eigentlich nicht sein? Auch das wir Familie, immer wieder meiner Schwester frische Klamotten in die Klinik bringen müssen, es funktioniert halt auch zeitlich nicht, da wir allesamt Berufstätig sind und meinem Vater möchten wir es nicht zumuten, er ist auch schon über 80 Jahre. Da frage ich mich halt, wofür ist dann so eine Betreuung da?

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life is a rollercoaster, das Leben ist eine Achterbahn [Bild: wink.png] 
Aha, jetzt weiß ich endlich, was Dein "Name" bei uns bedeutet, danke, was dazu gelernt!
Die Frage, wozu die Betreuung denn da sei, ist genau die richtige. Wenn ich einen Rat geben darf: das müsst Ihr (irgendjemand aus der Familie, am ehesten die Tochter mit Unterstützung von Dir oder Deiner Schwester) dringend klären - indem Ihr in Erfahrung bringt, wer die Betreuungsperson bezahlt: das dürfte in der Regel der sog. "Überörtliche Sozialhilfeträger" sein. Am einfachsten wird es wohl sein den kommunalen Sozialpsychiatrischen Dienst zu kontaktieren (in der Regel Teil des kommunalen Gesundheitsamtes) und ihn nachdrücklich um ein gemeinsames Gespräch eines Familienmitgliedes (wahrscheinlich Du?), der Tochter, der Betreuungsperson (die, die die psychosoziale Betreuung übernommen hat), der rechtlichen Betreuerin (Du hast sie "Vormund" genannt, das gibt es nicht mehr, heute sind es rechtliche Betreuer, die vom Gericht auf Antrag bestellt werden - wer hat denn damals den Antrag gestellt?) und jemand vom Sozialpsychiatrischen Dienst (denn der ist ja in der Kommune für die fachlich angemessenen Hilfen für Behinderte und Chronisch Kranke zuständig).
Das Gespräch ist aus Deiner und meiner Sicht erforderlich um eindeutig zu klären, was Deine Schwester zu welchen Zeitpunkten (ruhige Zeiten, Krisenzeiten, Klinikaufenthalte) benötigt, dazu gehört die Sorge um deren Tochter - und wer dann für was eindeutig zuständig ist. Die psychosoziale Betreuungsperson hat bereits einen bestimmten Auftrag (Du hast den umrissen), dafür wird sie bezahlt - aber eben nur dafür (einmal die Woche Besuch, ob ein Besuch in der Klinik überhaupt bezahlt würde hängt von dem Vertrag mit denen ab, die das Geld dafür bereit stellen: dem überörtlichen Sozialhilfeträger).
Du siehst: es gibt viel zu regeln, wenn alles "wie am Schnürchen" laufen soll, auch wenn Probleme auftauchen und sich Krisen einstellen.
Es gibt Regionen, in denen sind solche Abstimmungsgespräche einmal jährlich üblich, denn ohne das funktionieren die Hilfen immer nur in ruhigen Zeiten, wenn alles seinen geordneten Gang geht.
Wichtig ist: Du und alle Familienmitglieder, Ihr müsst Euch vor dem Gespräch darüber klar werden, was Ihr an Verantwortung übernehmen wollt oder könnt, was immer das auch sein mag. Mit der Initiierung des vorgeschlagenen Abstimmungsgesprächs  habt Ihr/hast Du die "Koordinationsverantwortung" übernommen. Die solltest Du sinnvoller Weise nur bis zum Gespräch übernehmen - und in der Runde die Frage stellen: "Das war ja wichtig, dass wir das nun geklärt haben. Wer sorgt denn dafür, dass wir uns wieder treffen, damit es auch in weiterer Zukunft weiter gut läuft?"
Ich bin gespannt zu lesen, ob Du Dich mit diesem doch sehr weitgehenden Vorschlag anfreunden kannst. Wenn Du willst können wir dazu auch gern telefonieren um ggf. Details zu besprechen.
Liebe Grüße
Reinhard
hey, vielen Dank für den Tipp, ich habe soeben den entsprechenden Sozialpsychiatrischer Dienst angeschrieben, mal schauen was passiert.

Auf dein Angebot komme ich ggf. nochmals zurück, auch hierfür danke.
Hallo,
auf die Antwort des Sozialpsychiatrischen Dienstes und darauf, was er aufgrund Deines Schreibens unternimmt, bin ich sehr gespannt!
Liebe Grüße
Reinhard
So, nur mal so ein Zwischenstand, ich hatte prompt am nächsten Tag einen Anruf vom Amt Sozialpsychiatrischer Dienst, hier wurde mir zwar bestätigt das die Betreuungsperson immer noch für meine Schwester zuständig sei und denen unerklärlich wäre warum sie sich nicht bei uns zurückmeldet, sie sei sonst sehr zuverlässig, mir wurde versprochen man wolle sich mit der Betreuungsperson in Verbindung setzten und nachfragen was los ist und mich entsprechend zurückrufen, bis heute kein Rückruf.

Parallel dazu hatte ich beim Amt für Soziales Informationen zur Betreuung für Erwachsene angerufen, hier wurde ich gestern von einer Mitarbeiterin zurückgerufen, dieses Gespräch war schon zielführender, wir überprüften gemeinsam die Kontaktdaten der Betreuungsperson, hier hatte ich wohl noch eine alte Emailadresse, ich erhielt die aktuelle von ihr.
Sie gab mir auch noch einige andere Tipps bzgl. unserer Überlegungen, da wir wahrscheinlich vor einem Problem stehen werden, wenn meine Schwester wieder aus der Klinik rauskommt, aber dazu später mehr und sie wünschte mir alles Gute und viel Glück bei unserem weiteren Weg.
Tja was soll ich dazu sagen, ich schrieb eine weitere Email an die Betreuerin mit der richtigen Adresse mit der bitte für ein Gesprächstermin incl. Terminvorschlag aber hier wieder keine Rückmeldung.
Tja, so ist das: man bzw. frau muss immer dran bleiben, solange es keine geordneten und verpflichtenden, regelmäßig und systematisch überprüften regionalen Kooperationen gibt: da ist jeder auf sich allein gestellt, nur gut, wenn man eine Schwester oder einen Bruder hat, der sich kümmert.
Noch mal zur Sicherheit zurückgefragt: es gibt einen gesetzlichen Betreuerin und eine/n vom Amt für Soziales, d.h. für die Alltagssorge, also psycho-sozial?
Weiterhin eine "unterhaltsame" Odyssee,
liebe Grüße
Reinhard
Ja eine gesetzliche Betreuerin hat sie jetzt schon einige Jahre, hier ist mir allerdings etwas seltsames aufgefallen, letztes Jahr stand Sie noch mit Ihrem Profil im BdB-Qualitätsregister für Qualifizierte Berufsbetreuer/innen, bei meiner letzten Recherche war Ihr Profil gelöscht, keine Ahnung was das zu bedeuten hat.
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