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Ich bin schon eine Weile hier Mitglied, aber bis jetzt wusste ich nie so recht, wie ich all das was ich in den letzten 20 Jahren mit meinem Bruder erlebt habe, verständlich aufschreiben soll. ..heute aber ist meine Hilflosigkeit und Sorge so groß, dass ich meine momentane Situation schildern möchte:
Mein Bruder ist seit 20 Jahren psychisch krank. Eine genau Diagnose gibt es nicht….es ist wohl eine Mischung aus Psychoses, Borderline, manisch depressiv… Er war nur selten beim Arzt und hat sich auch nie untersuchen lassen. Ich selber bin 43 Jahre alt, mein Bruder ist 2 Jahre jünger.
Da ihm jegliche Krankheitseinsicht fehlt, geht er auch so gut wie nie freiwillig zu einem Arzt oder holt sich Hilfe. Medikamente hat er all die Jahre sehr unregelmäßig genommen, nun seit längerem gar keine.
Das erste Mal als er in die Klinik kam haben meine Eltern den Arzt und die Polizei gerufen. Es war für alle - meine Eltern, mich und meinen Bruder – ein traumatisches Erlebnis.
Seit 20 Jahren gibt es Phasen in denen es mal besser ging und mal schlechter. In guten Zeiten konnte er sein Studium beenden und hat insgesamt nun dreimal eine Arbeit begonnen und wurde dreimal gekündigt. Er hat es nie länger wie 2 Jahre irgendwo ausgehalten.
Das letzte Mal wurde er im Herbst 2017 fristlos gekündigt. Er hat seinen Chef übelst beschimpft. Bis dahin hat er das eigentlich hauptsächlich bei Familienangehörigen gemacht. Er ging daraufhin nicht zum Arbeitsamt oder hat auch sonst nichts unternommen. Er hält sich seitdem nur noch in seiner Wohnung auf.
Er lehnt den Kontakt mit meinen Eltern und mir ab. Telefon nimmt er nicht ab, handy schaltet er aus. Erreicht man ihn doch mal, wirft er meinen Eltern Ausdrücke an den Kopf und sagt, er will seine Ruhe haben. Meine Eltern sind die letzten Monate immer wieder hingefahren und haben ihm auch Essen gebracht. Er ließ sie meist gar nicht in die Wohnung oder wenn dann sagte er nach kurzer Zeit haut ab. Immer wieder drohte er mit Selbstmord.
Wir kontaktierten seine Hausärztin und baten um einen Hausbesuch. Sie sagt, sie sei dort gewesen, dürfe aber keine Auskünfte geben.
Die Lage spitzt sich von Woche zu Woche zu. Es ist alles so ausweglos. Meine Eltern sagen, sie lassen ihn nicht mehr zwangsweise in eine Klinik bringen. Die Erfahrung beim ersten Mal war so schlimm.
Wir haben jetzt einen sozial psychiatrischen Dienst eingeschaltet. Der lud meinen Bruder zu einem Gespräch ein. Den Termin nahm er nicht wahr. Der anschließende Hausbesuch lief so ab, dass mein Bruder das Fenster im 1. Stock öffnetet, sagte, er braucht nichts und den Herrn wegschickte. Laut Aussage des sozialpsychiatrischen Dienstes sieht mein Bruder inzwischen sehr verwarlost aus, so könne man das nicht lassen. Wenn er bei einem weiteren Besuch des sozialpsychiatrischen Dienstes den Mitarbeiter nicht reinlasse, würden sie das Ordnungsamt und dieses dann das Gesundheitsamt einschalten. Dies möchte mein Vater eigentlich verhindern.
Mein Bruder rief dann heute einmal selber bei meinen Eltern an (das erste Mal seit Wochen) und drohte, sich umzubringen wenn sie weiter versuchen würden, ihn anzurufen. Er weiß mit Sicherheit, dass meine Eltern das mit dem sozialpsychiatrischen Dienst und der Hausärztin angeleiert haben.
Im Moment zeigt er auch wieder psychotische Momente, er sagte z.B., ich sei gestorben und im Hafen würden Kriegsschiffe liegen.
Wir sind einfach so ratlos und hilflos. Wir wissen nicht, warum er so ablehnend uns gegenüber ist. Einerseits wird der Moment, in dem er sich von sich aus Hilfe holen wird nie kommen. Er ist vermutlich was Ärzte angeht traumatisiert. Andererseits fehlt ihm in psychotischen Momenten die Krankheitseinsicht.
Aber was dann??? Wie soll es weitergehen??? Was passiert, wenn wirklich das Ordnungsamt eingeschaltet wird?
Kann man uns Vorwürfe machen wegen unterlassener Hilfeleistung? Immer heißt es, er ist erwachsen und für sich verantwortlich. Aber ist das wirklich so auch wenn er krank ist? Er will sich einfach nicht helfen lassen.
Unsere Sorge ist auch, wie es beruflich weitergehen kann. Ob er jemals wieder arbeiten kann und wenn ja was und wo. Er kommt einfach nicht mit anderen Menschen klar bei der Arbeit.
Im Moment wäre ich aber einfach nur froh, wenn er sich nur irgendwie erst mal helfen lassen würde. Ich mache mir oft Vorwürfe, mich nicht genug zu kümmern. Es fühlt sich oft an wie ein tiefes dunkles Loch in das es mich mit einem Sog hineinzieht. Dunkel und ohne Hoffnung. Wie gelähmt.
Vielleicht hat jemand von Euch einen Rat ? Oder hat schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht?
Danke
Bigi
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Liebe Bigi,
es tut mir wahnsinnig leid, was Du durchmachst.
Ich kann die Sorge und Hilflosigkeit gut verstehen. Ich persönlich bemühe mich zu akzeptieren, dass ich niemals "genug" tun kann, um meiner Schwester zu helfen, weil es unmöglich ist, ihre Situation zu verbessern. Wir haben schon so viel versucht. "Genug" kann ich daher nur von meiner Seite definieren, also zu unterschiedlichen Zeiten entscheiden, wie viel ich leisten kann.
Theoretisch habe ich das verstanden, mit der praktischen Umsetzung hapert es noch und ganz oft fühle ich mich grauenvoll. Trotzdem ist es für mich der einzige Weg, der zumindest eine Chance bietet, dass mich ihre Krankheit nicht auffrisst.
Ich wünsche Dir und Deiner Familie von Herzen alles Gute und ganz viel Kraft!
Nick
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Liebe Bigi,
diese Geschichten gleichen sich auf die eine und andere Weise alle. Auch bei mir ist das so. Nur das ich 53 Jahre alt bin und meine kranke Schwester 54 Jahre. Auch sie geht nicht mehr zum Arzt und lehnt Hilfe von Außen ab. Sie hat furchtbar anstrengende Phasen, in denen ich, auch wie du, nicht mehr weiter weiß. Ich möchte auch gar nicht so sehr auf unsere kranken Angehörigen eingehen, das Forum sollte ja mal für uns "Kümmerer" sein. Wir haben ja alle hier Hoffnungslosigkeit, das ewig schlechte Gewissen zu wenig zu tun, oder vielleicht auch zuviel, dann das Denken, mir darf es aber nicht gut gehen, schließlich geht es meiner Schwester so schlecht. Und immer wieder die Behören, Ärzte usw. die einem immer das selbe sagen, wir können keine Auskunft geben, der Kranke muss selber wollen usw.
Ich kann dir leider auch keinen Rat geben, da ich selber auch keinen weiß. Ich finde es etwas tröstend, das ich nicht die einzige bin, die so eine Last, ja ich nenne es mal so, auch wenn ich meine Schwester liebe, zu tragen hat. Gebe auch auf dich acht, so schwer das auch oft ist. Ja, es darf dir auch mal gut gehen, auch wenn es deinem Bruder schlecht geht. Schaffe dir kleine Inseln, ein gutes Buch, ein schöner Restaurantbesuch, usw. Ich glaube nicht, das wir das Schicksal beeinflussen können. Wie man sich auch immer abstrampelt. Vielleicht finden hier einige im Forum Kraft durch Glauben, ich bin sehr katholisch erzogen, ich habe ihn leider verloren. Im September verliert meine Schwester wieder ihre Arbeit, da denke ich auch schon mit Grauen dran.
Also noch mal, alles Gute für dich. Wir können dich alle hier im Forum so gut verstehen. [Bild: https://forum.geschwisternetzwerk.de/ima...es/sad.png]
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Lieber Nick und liebe "Maulwürfel" (leider weiß ich deinen Namen nicht),
vielen lieben Dank für eure lieben Worte! Es tut einfach gut zu spüren, dass es anderen ähnlich geht und dass man verstanden wird! Auch wenn es nichts an der Situation ändert, so finde ich es tröstend wenn wir uns hier gegenseitig Mut machen und einander tragen. Ich finde das ganz wichtig, da ich mich oft alleine fühle mit meiner Situation. Ich habe keine weiteren Geschwister und Freunde verstehen das nicht was man da durchmacht.
Ihr habt Recht, egal wie wir uns bemühen, wir können die Situation nicht ändern, unsere Geschwister sind auch für sich selbst verantwortlich. Mir geht es da wie dir Nick, in der Theorie hab ich das verstanden aber in der Praxis hapert es oft. Vor allem wenn dann wieder einmal ein Außenstehender fragt, ob man den keinen guten Draht zu seinem Bruder hat oder ihn nicht dazu begwegen könnte, zum Arzt zu gehen.
Versuchen wir, ohne schlechtes Gewissen für uns zu sorgen und uns auch etwas Gutes zu tun. Es steht uns zu!
Euch wünsche ich auch von Herzen alles Gute und viel Kraft. Gebt auf euch Acht.
Liebe Grüße
Bigi
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Hallo Forum,
ich bin auch mal wieder ohne Perspektive. Meine Schwester hatte wieder ein Probearbeiten hinter sich, zur Erinnerung sie wird im September arbeitslos, was natürlich vollkommen im Desaster geendet hat. Ich war natürlich vorher schon der Prellbock, da sie ja schon vorher so unter Strom steht, und ihr Gefühlschaos bei mir ablässt. Nach dem Probearbeiten konnte ich natürlich ihre Aggressionen aushalten. Ich wusste nach unserem Tefefonat auch nicht mehr weiter und habe all meinen Mut zusammen genommen und habe die Telefonseelsorge angerufen. Ich wollte einfach mal mit jemandem reden, ich hatte wieder Angst meine Schwester nimmt sich das Leben, hatte für mich auch Angst, was noch wieder alles kommt, hatte wieder dieses schlechte Gewissen, warum ich nicht helfen kann und auf der anderen Seite wieder Wut, warum ich nicht auch ein normales Leben leben kann. Und was soll ich sagen, ich bin nicht durchgekommen, da alle Leitungen belegt waren. Ich kann das ja auch verstehen, aber ich musste dann für mich so lachen, das ist so typisch für mich. Wieder keine Hilfe. Danach habe ich dann wieder meinen Schmerz ausgeweint. Das hat dann gut getan. Im Moment laufe ich wieder zweigleisig. Auf der einen Seite das normale Leben auf der anderen Seite das Leben in der ständigen Angst um meine Schwester.
Dazu ist mein Vater im Moment auch wieder unausstehlich. Ich weiß gar nicht, warum ich so oft zu meinem Vater ins Heim fahre und ihn bespaße. Er dankt es eh nicht und er hilft mir natürlich auch nicht. Ich würde mir so sehr wünschen, wenn er sich ein mal bei mir bedanken würde, das ich mich so um schließlich auch seine Tochter kümmere, aber das wird wohl nicht mehr kommen, also ich habe es für mich aufgegeben. Manchmal denke ich, ich sollte ihn mal darauf ansprechen, warum das für alle so selbstverständlich ist, das nur ich den Kümmerer mache, Ausnahme ist mein Mann, der immer für mich da ist, wenn es mir so schlecht geht. Aber ich glaube, er wird es eh nicht verstehen, er ist halt noch die Kriegsgeneration, diese Generation hat wohl nicht gelernt, über Probleme zu reden.
Was auch schlimm ist, ich denke, wenn meine Schwester eine Arbeit hätte, von der sie ein einigermaßen leben könnte, mit Unterstützung von uns, würde es ihr viel besser gehen.
Ich denke, für alle psychisch Kranken ist eine Aufgabe ganz wichtig. Sie wollen und müssen auch gebraucht werden. Ich hatte wirklich schon mal überlegt, eine Art Verein zu gründen, der sich nur darum kümmert, psychisch Kranken eine Arbeitsperspektive zu suchen, also mit Arbeitgebern zu reden, usw.. Aber ich habe einfach keine Zeit dafür, aber es ist noch nicht ganz aus meinem Kopf raus.
Ich weiß nicht was kommt, aber im Moment macht es mir wieder Angst.
LG und alles Gute
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Hallo Maulwürfel,
ja, ich kann dich gut verstehen.
Und du hast recht...auch und gerade psychisch kranke Menschen brauchen eine sinnvolle Aufgabe und Tätigkeit. Dadurch bekommt der Tag auch eine Struktur. In guten Zeiten ist mein Bruder auch ein so hilfsbereiter Mensch...Als er das letzte Mal arbeitslos war und eine relativ gute Phase hatte, hat er mir in meinem Garten ein Gartenhaus aufgebaut und ein Beet angelegt. Er freut sich dann, wenn er gebraucht wird und helfen kann.
Im Moment ist er wieder arbeitslos. Und da bekommt man oft die geballte Wut ab. Und man wird beschimpft...bis man ein schlechtes Gewissen bekommt, dass man selbst einen Job und Geld hat.
Ich finde es aber auch sehr schwer, passende Jobs zu finden. Ich weiß nicht, was deine Schwester für einen Beruf hat. Bei meinem Bruder ist es etwas sehr Ausgefallenes und mit dem Druck in der Industrie/Wirtschaft kommt er einfach nicht klar. Da ist zuviel Stress.
Im Moment in der Klinik hat man ihm geraten, einen Behindertenausweis zu beantragen, das würde ihm dann das Finden einer Arbeitsstelle erleichtern. Ich weiß nicht so recht...hast du da schon Erfahrungen?
Ja, ich denke, man bräuchte wirklich jemanden, der sich nur darum kümmert, der psychisch kranke Menschen dabei unterstützt, einen Arbeitsplatz zu finden und auch dann weiter betreut. Auch damit wir etwas entlastet sind...dass wir nicht immer alle Last mittragen. Das ist belastend.
Ehrlich gesagt, ich habe wie du Angst davor, dass mein Bruder keine Arbeit mehr findet.
Ärgerlich ist das ja mit der Telefonseelsorge. Manchmal braucht man einfach jemand, dem man alles erzählen kann. Um seiner Seele Luft zu schaffen. Es tut mir so leid, dass du nicht durchgekommen bist. Ob wir uns vielleicht selber eine Therapie suchen sollen denke ich manchmal. Meine Eltern gehen beide zu so Gesprächen bei Psychologen, habe den Eindruck, es hilft ihnen.
Alles Gute und viel Kraft wünsche ich dir
Und jeden Tag einen kleinen Glücksmoment
Bigi
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Liebe Bigi,
danke für deine Antwort. Meine Schwester ist PKA mit 30 Jahren Berufserfahrung in 2 Apotheken. Ich kann gar nicht mehr sagen wieviel Bewerbungen wir geschrieben haben. Mittlerweile bewerben wir uns auch auf Stellen als Servicekraft usw. Aber alles Absagen. Zur Zeit macht sie eine Bewerbungspause, das hatte ich ihr auch geraten. Das bißchen Achtung, was ein psychisch Kranker noch hat, geht bei den ganzen Absagen ja komplett verloren. Ich überlege schon, ob ich dann im September selbst mal Apotheken abklappere und die Situation erkläre. Ich weiß aber auch nicht, ob das gut ist. Wieviel darf man einem Kranken abnehmen und ich müsste dann ja auch vor Fremden um eine Arbeit betteln. Ich weiß allerdings auch nicht, wie das dann finanziel werden soll. Von dem Arbeitslosengeld kann sie nicht leben, Grundsicherung will sie nicht beantragen und Geld von mir, nimmt sie auch im Moment nicht.Probleme über Probleme
Was hat den dein Bruder gelernt?
Ja, mit einem Behindertenausweis ist das so eine Sache. Wir hatten das bei meiner Schwester auch mal angedacht, da sie ja zu allem anderen auch noch Morbus Basedow hat. Das ist eine Schilddrüsenerkrankung, bei der fast die komlette Schilddrüse entfernt wird. Sie hätte einen bestimmten Grad an Behinderung, sie wollte das aber dann nicht, da sie meinte, dann würde sie ja noch schlechter eine Arbeit bekommen.
Ich kann dir dazu keinen Rat geben. Vielleicht andere hier im Forum. Wir hatten vor längerer Zeit mal eine Bewerbung an ein Behindertenheim geschickt. Das wäre auch Servicekraft gewesen. Der Mann war allerdings ausnahmsweise mal richtig nett, sagte und dann aber, man müsste die Behinderung natürlich per Ausweis nachweisen können. Da meine Schwester aber im Moment und auch damals schon, alle Ärzte meidet, wie der Teufel das Weihwasser, hatte sich das dann auch wieder erledigt.
Ich habe, wie du auch, jeden Tag Angst, vor dem was kommt. Die ganze Wut, werde ich auch wieder abbekommen. Dazu, wie du schon geschrieben hast, das schlechte Gewissen, das es einem besser geht. Das habe ich auch ständig. Oder aber die Angst, tut sie sich was an, und setzt ihrem Leben ein Ende.
Zur Therapie. Ich habe 2011 4 Wochen eine Kur gemacht. Ich konnte einfach nicht mehr. Die Einzelsitzungen haben mir nichts gebracht, allerdings habe ich mich gerne in den Gruppensitzungen mit den anderen ausgetauscht. Ich wurde mit dem Rat entlassen, mir zu Hause einen Therapeuten zu suchen. Das hat sehr lange gedauert. Ich habe dann auch einen gefunden. Allerdings brachte mich das auch nicht viel weiter. Aber da muss auch jeder seine eigenen Erfahrungen machen.
So, was ein langer Text. Ich bitte, die Rechtschreibfehler zu übersehen. Aber wenn man dann mal so im Schreibfluss ist. Ich wollte noch kurz ein Thema i.S. unterlassene Hilfeleistung einstellen.
Ich wünsche dir alles Liebe und viel Kraft.
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Hallo Maulwürfel,
nun habe ich mich eine Weile nicht gemeldet. Vor drei Wochen war ich am Wochenende bei meinen Eltern. Mein Bruder kam auch, er hatte Ausgang aus der Klinik. Na ja, es verlief so, dass ich danach erst mal in ein tiefes Loch gefallen bin und die letzten drei Wochen sowohl körperlich als auch seelisch ziemlich fertig war.
Keine Ahnung, vielleicht hatte ich mir auch zu viel erhofft oder gedacht, es müsste nach 4 Wochen Klinik besser sein. Es ist ja auch besser aber es kommen weiterhin Vorwürfe und Anschuldigungen. Inzwischen hat mein Bruder die Klinik auf eigenen Wunsch hin verlassen.
Mein Bruder hat technische Optik studiert. Da gibt es nicht so viele Arbeitsplätze.
Aufs Arbeitsamt möche er natürlich auch nicht gehen, da haben wir wohl beide das selbe Problem. Ich weiß auch immer nicht, inwiefern man sich bei der Suche nach Arbeit oder auch anderen Dingen einmischen soll. Macht man was, ist es nicht recht, macht man nichts, heißt es, ihr helft mit nie. Von dem her, immer verkehrt was man macht.
Gibt es inzwischen bei deiner Schwester etwas Neues? Habe gelesen, sie war letztes Wochenende bei dir? Ich hoffe, es war einigermaßen erträglich für dich!
Was mir in den letzten Wochen auch auffiel, es entsteht im Laufe der Zeit so eine Familiendynamik. So Muster die immer wieder ablaufen. Immer wieder die gleichen alten Sätze und Abläufe. Die allen Beteiligten nicht gut tun. Ich finde auch, wir kommen da als Geschwister in eine Rolle hinein, die eigentlich nicht unsere ist oder uns nicht gut tut. Hast du das auch schon so beobachtet?
Wie gut, dass wir noch unsere Partner haben, die uns verstehen und mittragen.
Danke auch für deine Erfahrungsbericht mit Therapie. Bis jetzt kann ich mich auch nicht dazu aufraffen. Was mir geholfen hat die letzten Wochen war Ruhe, im Garten zu sitzen, mit meinem Partner ein Eis essen gehen. So langsam finde ich mich damit ab, dass wohl auch nach der Klinik noch lange nicht alles gut ist.
Ich wünsche dir alles Gute und Liebe, Kraft und Zeit für dich.
Bigi
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Hallo Bigi,
tut mir leid, das es dir die letzten Woche schlecht ging. Ich kann mir vorstellen, das die Arbeitssuche bei technischer Optik sich noch schwieriger gestaltet, wie bei einer Apothekenhelferin. Dein Bruder hat ja die Klinik auf eigenen Wunsch verlassen. Das stelle ich mir ganz schlimm für dich vor. Meine Schwester geht ja erst gar nicht, aber ich hätte das auch so wie du. Ich würde denken, ok , jetzt ist er in der Klinik und dann wird alles irgendwann gut. Aber nichts da. Das Loch, in das man dann fällt, ist sehr schlimm. Es gibt so ein Sprichwort, das habe ich mal in einem Buch gelesen, ich weiß aber nicht mehr in welchem. Es ging ungefähr so -mit den Niederlagen kann ich umgehen, aber mit der Hoffnung nicht mehr. Und dir und mir und allen Kümmerern wird es auch so gehen.
Ja, wir sind wohl in der selben Lage. Dein Bruder will auch nicht zum Arbeitsamt, dito meine Schwester. Der letzte Stand war, das ich dann, wenn es soweit ist, mit ihr zusammen hingehe. Mal sehen, das kann sich ja alles von Tag zu Tag ändern. Ich darf noch gar nicht daran denken. So Gänge sind ja die Hölle für psychsich Kranke und für die Kümmerer genau so. Na ja, weiteres Kopfkino, wie die Frage, wie es finanziell mit ihr weiter gehen soll. Bei Gelegenheit werde ich wohl mal bei meiner älteren Schwester nachfragen müssen, ob mein Vater ein wenig Geld für meine kranke Schwester beiseite legen kann, es ist ja schließlich auch seine Tochter. Meine älteste Schwester verwaltet das Geld von meinem Vater. Er ist ja im Heim, aber er hat noch Reserven. Das wird kein schönes Gespräch werden.
Das Wochenende, wo sie bei uns war, hätte sie ein paar Tage später ein Vorstellungsgespräch gehabt, nichts dolles, Teilzeitkraft in einer Bäckerei. Sie war so nervös und dann wieder so aggresiv, mein Mann hat uns schon alleine gelassen, das ich das Vorstellungsgespräch dann per mail abgeagt habe. Da war sie dann erst mal froh, aber auch irgentwie nicht. Jetzt treibt mich natürlich die ganze Zeit der Gedanke um, wäre es vielleicht nach den ganzen Absagen die richtige Stelle gewesen, hätten die sie vielleicht genommen. Ganz schlimm. Wie du schon schreibts, man macht nie das richtige. Macht man nichts, ist es nicht gut, macht man was, ist es auch nicht gut.
Ich hoffe jetzt weiter auf August, das die Blutwerte bei meiner Schwester dann so schlecht sind, das der Hausarzt sie ins KH schicken muss.
Mit der Familiendynamik kann ich nicht so mitreden. Ich bin ja bei uns die Einzige, die sich kümmert. Ich bin schon so lange in der Geschwisterrolle, das diese als selbstverständlich angesehen wird. Nicht schön. Und ja, das Muster wiederholt sich für mich ständig. Wie ist es noch mal bei dir. Hast du noch andere Geschwister, die dir beistehen, oder deine Eltern?
Und genau, gut das wir unsere Partner haben. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft noch hätte, wenn es sie nicht geben würde. Ich finde auch Kraft durch spazieren gehen, ein gutes Buch lesen und mein Mann schafft es auch immer, mich mal zum Lachen zu bringen.
Hast du dir das mal mit einer Kur überlegt. Vielleicht kannst du ja auch eine mit deinem Partner machen, wenn du nicht alleine möchtest. Das haben Nachbarn von uns auch gemacht.
So, ich mach jetzt mal Schluss. Ich wünsche dir alles Gute und auch viele kurze schöne Momente in der ganzen schwierigen Zeit.
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