Julika stellt sich vor
#1
Hallo in die Runde,
ich bin 29 Jahre alt und habe einen Bruder der 14 Jahre älter ist als ich und eine bipolare Störung hat. Als ich 15 war, hatte er die erste Psychose, erkannte seine Freunde, die zu Besuch bei ihm waren, nicht mehr und hielt sie für Einbrecher, die ihm etwas antun wollen. Er hat sich mit Messern verteidigt, woraufhin seine Freunde die Polizei rufen mussten. Die Nacht verbrachte er im Gefängnis und rief mich am nächsten Tag an. Diesen Anruf und das zusammenhanglose Zeug das er mir erzählte, werde ich niemals vergessen. Seitdem fühle ich mich sehr verantwortlich für ihn und bin somit schon früh zur großen Schwester eines Erwachsenen geworden. Die richtige Diagnose hat mein Bruder erst später bekommen. In der Zwischenzeit gab es mehrer Aufenthalte in der Psychiatrie, Fehldiagnosen, Suizid Gedanken, Entzug (Alkohol) und viele viele verschiedene Medikamente.

Kurz zwischendurch: Mein Vater ist psychisch krank. Eine Diagnose kenne ich nicht, versuche mich auch von ihm fern zu halten (was er mir nicht immer leicht macht). Als ich 25 Jahre alt war, lies sich mein Cousin mit Depressionen in die Psychiatrie einliefern. Ich dachte ihm helfen zu können/müssen. Habe viel Zeit mit ihm verbracht und ihn reden lassen. Leider hat er es nach mehrmaligen Versuchen geschafft, sich das Leben zu nehmen. Den Tag davor hat er noch mit mir verbracht. Ich habe lange gebraucht um zu verstehen, dass ich es nicht hätte verhindern können.

Als ich die Beiträge hier im Forum gelesen habe ist mir bewusst geworden, wie gut unsere Situation ist. Meine Mutter hat sich nie vor der Krankheit verschlossen und war immer für meinen Bruder da auch wenn ich die war, die er anrief wenn es ihm schlecht ging. Ich konnte aber immer mit ihr sprechen und wir haben gemeinsam Lösungen gefunden. Mittlerweile hat er das Vertrauen uns beide anzurufen. Mein Bruder hat schnell gelernt zu erkennen, wann er sich einliefern lassen muss. Natürlich hat er gebraucht um seine Diagnose anzuerkennen und er versucht auch heute immer wieder seine Medikamente abzusetzen aber er lässt mittlerweile gut mit sich sprechen und sich helfen. Er war nie obdachlos und regelt seine Behördengeschichten alle selber.

Unser jetziges Problem besteht darin, dass er wieder voll am Leben teilhaben will und versucht einen Job zu finden (nach ca. 15 Jahren Arbeitslosigkeit). Das gestaltet sich sehr schwer und er ist, was das angeht, sehr uneinsichtig.

Ich habe mir vor ca. 6 Monaten einen Therapieplatz besorgt um zu lernen, wie man sich abgrenzt und auf sich selber achtet.

Ich könnte noch lange weiter schreiben. Der Text ist jetzt aber vermutlich schon viel zu lang. Darum so viel erst mal zu mir.

Gruß Julika
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