10.03.2018, 11:36
Ich hatte mich vor einiger Zeit schon kurz vorgestellt und wollte längst mehr über die Situation mit meiner Schwester berichten - aber dann kam immer viel dazwischen - darunter auch sie.
Aktuell ist die Situation so katastrophal, dass ich gar nicht mehr weiß, wie es weiter gehen soll. Daher kommt jetzt ein ganz langer Bericht.
Wir sind drei Schwestern - ich bin die jüngste, die älteste ist krank. Mein Vater ist nach langer Krankheit vor etwa 15 Jahren verstorben, meine Mutter leidet bereits seit vielen Jahren unter Demenz.
Meine Schwester - Ende 50 - war schon immer hochgradig sensibel, kompliziert und kam mit dem Leben nicht gut zurecht. Ich habe dem wenig Aufmerksamkeit geschenkt; sie ist sieben Jahre älter als ich und wir hatten nie ein gutes Verhältnis. Auch dass ihre Geschichten zunehmend komplizierter und ihr Verhalten immer sonderbarer wurde, habe ich so gut wie möglich ignoriert. Sie ging mir immer auf die Nerven. Seitdem ich erwachsen bin, brauchte sie immer Geld, wenn sie sich meldete oder wollte dass ich irgendwelche Probleme für sie lösen. Und ich wollte sie nur möglichst schnell loswerden.
Vor etwa 10 Jahren - also erste sehr spät - hatte sie dann eine Psychose. Sie hatte einen Job, mit dem sie sich mehr schlecht als recht über Wasser hielt und ihre Kollegen riefen mich an. Es gab akuten Stress, weil sie völlig absurde Aussagen zum Unternehmen verbreitete - unter anderem hatte sie eine E-Mail an den Gesamtverteiler geschickt, in der sie Verschwörungstheorien äußerte und berichtete, der Vorstand sei zurückgetreten. Ihr wurde schließlich gekündigt, weil sie keine Krankheitseinsicht hatte und keine Fehlverhalten erkennen wollte.
Ich bin mit unserer mittleren Schwester damals direkt nach dem Anruf zu ihr gefahren. Es war eine furchterregende Erfahrung. Sie saß vor dem PC, tippte in ein Word-Dokument und erklärte uns, dass sie mit Menschen virtuell zusammenarbeite. Sie dürfe den Platz nicht verlassen, sonst würden die ungeduldig und dann würde die ganze Wohnung beben. Uns ist es schließlich gelungen, sie in die Psychiatrie zu bringen und sie hat sich selbst eingewiesen. Leider hat sie eine Behandlung weitestgehend abgelehnt, sich Medikamenten verweigert und auch im Anschluss an den Aufenthalt nach wenigen Sitzungen die Therapie abgebrochen. Sie war davon überzeugt, dass die Therapeutin nicht kompetent genug sei und nicht genug Verständnis für sie und ihre Situation habe – der gleiche Vorwurf, den sie schon allen Ärzten in der Klinik gemacht hatte. Als es ihr noch einmal schlechter ging, ist sie dennoch zurück in die Klinik gegangen. Insgesamt hat sich ihr Zustand massiv verbessert und sie hatte keine - für mich ersichtlichen - Wahnvorstellungen mehr.
Meine mittlere Schwester und ich bemühen uns seitdem, regelmäßiger Kontakt zu halten und sie öfters zu sehen. Das war und ist extrem kraftraubend, weil die Krankheitseinsicht weiter vollständig fehlt und sie ihre Situation absolut nicht realistisch einschätzen kann, was absehbar zu immer neuen Katastrophen führt. Zudem macht sie uns immer wieder fürchterliche Vorwürfe. Sie ist der Ansicht, dass sie seit vielen Jahren fest angestellt wäre, wenn nicht der – von uns verschuldete – völlig unnötige Psychiatrieaufenthalts wäre und wir ihr daher mindestens 250.000 Euro schuldeten.
Weil ihr Verhalten schlicht unerträglich ist, hat sie außer uns inzwischen praktisch keine Kontakte mehr. Sie war lange in einer Kirchengemeinde aktiv, aber kam mit immer wilderen Verschwörungstheorien, die darin gipfelten, man habe sie umbringen wollen. Inzwischen ist sie aus der Kirche ausgetreten.
Sie schickt regelmäßig seitenlange E-Mails mit wilden Geschichten und Vorwürfen. Mal bezeichnet sie mich als ihre verantwortungsvolle, hilfreiche Schwester und große Stütze (was ich als fürchterliche Belastung empfinde), dann kommen kurze Nachrichten, in denen sie mich auffordert ihr wenigstens beim Sterben zu helfen, wenn ich ihr schon nicht die Unterstützung leiste, um zu leben. Wenn ich dann besorgt anrufe, ist sie längst mit etwas ganz anderem beschäftigt. Einmal drohte sie mit Selbstmord und sagte - nachdem ich panisch in der Psychiatrie angerufen hatte, um mich beraten zu lassen - sie hätte keine Zeit zu telefonieren, sie müsse Wäsche waschen.
Das alles ändert nichts daran, dass wir versuchen, sie vor größeren Katastrophen zu bewahren. Leider sind diese Bemühungen – wenn man es realistisch sieht – völlig vergebens. Mit fällt es unglaublich schwer, dass zu akzeptieren, denn bei jeden gesunden Menschen wäre das gar kein Problem.
Sie hatte z.B. eine Wohnung, die zu teuer war, als dass sie sie mit ihren Einkünften - als Freiberufler oder Hartz 4 - hätte finanzieren können. Wir haben mit ihr dann eine bezahlbare Wohnung gesucht und alles für den Umzug organisiert. Ich wollte zu ihr fahren, um zu helfen, da teilte sie mir mit, sie werde nicht umziehen. Sie war überzeugt, dass es nur ein kurzfristiger finanzielle Engpass sei und sie sich mit ihren zukünftigen Einkünften ihre Wohnung locker würde leisten können. Ihr Vermieter hat ihr dann gekündigt und sie landete in einem Heim für obdachlose Frauen. Dabei war „meine Schwester obdachlos“ immer eine meiner absoluten Panikvorstellungen. Eine der Situationen, die ich um jeden Preis verhindern wollte. Interessanter Weise ist es ihr schließlich alleine gelungen, ein neues Apartment zu finden.
Jetzt wird sie ins Gefängnis kommen - wegen Schwarzfahren. Der Haftantrittstermin ist verstrichen und sie verbringt die Zeit vorm PC, um Einspruch zu erheben. Ihr war Freiwilligenarbeit angeboten worden, aber sie findet das für jemand mit ihrem Ausbildungsstand nicht zumutbar. Sie sagt, sie will lieber im gelernten Beruf Geld verdienen, um die Strafe zu bezahlen. Sie arbeitet ununterbrochen an Bewerbungen, aber natürlich beschäftigt sie niemand mehr.
Der zweite Grund: Sie ist davon überzeugt, dass alle Leute sie dort schräg angucken würden und das hielte sie nicht aus. Sie denkt, dass sie das Opfer einer Weltverschwörung ist und Investoren, die ihren ehemaligen Arbeitgeber kaufen wollen, unbegrenzte Finanzmittel einsetzen, um ihren Ruf zu zerstören und Gerüchte zu verbreiten. Dass sei der Grund, warum Menschen den Kontakt abrechen und sie keine Arbeit mehr finde. Es gäbe beispielsweise Gerüchte, sie hätte mehrfach abgetrieben und sei quasi eine Kindermörderin. Bei der Verbreitung dieser Information spiele ihre Gynäkologin eine große Rolle, die Falschaussagen wegen der Behandlung mache und die ärztliche Schweigepflicht verletzt habe. Eine entsprechende Bewertung hat meine Schwester auf Jameda eingestellt. Jetzt ist ihr Profil gesperrt und sie sucht andere Plattformen, um diese Information öffentlich zu machen, weil sie es unbedingt „richtigstellen“ will. Jeder Versuch, sie davon abzuhalten, ist völlig vergebens.
Inzwischen fängt sie an anzudeuten, dass auch unsere mittlere Schwester von den Gerüchten beeinflusst würde und zieht sich zunehmend von ihr zurück. Statt dessen ruft sie mich z.T. 5x am Tag an und schickt zusätzlich noch Mails.
Ich bin wirklich verzweifelt. Ich wünsche mir seit 25 Jahren, den Kontakt mit ihr abzubrechen, weil sie eine viel zu große Rolle in meinen Leben spielt und ich die Beziehung als unglaubliche Belastung empfinde. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass ich das nicht darf – und die völlig irrige Ansicht, dass es mir gelingen könnte, sie vor irgendwelchen Katastrophen zu beschützen. Dabei sollte ich es längst besser wissen.
Aktuell ist die Situation so katastrophal, dass ich gar nicht mehr weiß, wie es weiter gehen soll. Daher kommt jetzt ein ganz langer Bericht.
Wir sind drei Schwestern - ich bin die jüngste, die älteste ist krank. Mein Vater ist nach langer Krankheit vor etwa 15 Jahren verstorben, meine Mutter leidet bereits seit vielen Jahren unter Demenz.
Meine Schwester - Ende 50 - war schon immer hochgradig sensibel, kompliziert und kam mit dem Leben nicht gut zurecht. Ich habe dem wenig Aufmerksamkeit geschenkt; sie ist sieben Jahre älter als ich und wir hatten nie ein gutes Verhältnis. Auch dass ihre Geschichten zunehmend komplizierter und ihr Verhalten immer sonderbarer wurde, habe ich so gut wie möglich ignoriert. Sie ging mir immer auf die Nerven. Seitdem ich erwachsen bin, brauchte sie immer Geld, wenn sie sich meldete oder wollte dass ich irgendwelche Probleme für sie lösen. Und ich wollte sie nur möglichst schnell loswerden.
Vor etwa 10 Jahren - also erste sehr spät - hatte sie dann eine Psychose. Sie hatte einen Job, mit dem sie sich mehr schlecht als recht über Wasser hielt und ihre Kollegen riefen mich an. Es gab akuten Stress, weil sie völlig absurde Aussagen zum Unternehmen verbreitete - unter anderem hatte sie eine E-Mail an den Gesamtverteiler geschickt, in der sie Verschwörungstheorien äußerte und berichtete, der Vorstand sei zurückgetreten. Ihr wurde schließlich gekündigt, weil sie keine Krankheitseinsicht hatte und keine Fehlverhalten erkennen wollte.
Ich bin mit unserer mittleren Schwester damals direkt nach dem Anruf zu ihr gefahren. Es war eine furchterregende Erfahrung. Sie saß vor dem PC, tippte in ein Word-Dokument und erklärte uns, dass sie mit Menschen virtuell zusammenarbeite. Sie dürfe den Platz nicht verlassen, sonst würden die ungeduldig und dann würde die ganze Wohnung beben. Uns ist es schließlich gelungen, sie in die Psychiatrie zu bringen und sie hat sich selbst eingewiesen. Leider hat sie eine Behandlung weitestgehend abgelehnt, sich Medikamenten verweigert und auch im Anschluss an den Aufenthalt nach wenigen Sitzungen die Therapie abgebrochen. Sie war davon überzeugt, dass die Therapeutin nicht kompetent genug sei und nicht genug Verständnis für sie und ihre Situation habe – der gleiche Vorwurf, den sie schon allen Ärzten in der Klinik gemacht hatte. Als es ihr noch einmal schlechter ging, ist sie dennoch zurück in die Klinik gegangen. Insgesamt hat sich ihr Zustand massiv verbessert und sie hatte keine - für mich ersichtlichen - Wahnvorstellungen mehr.
Meine mittlere Schwester und ich bemühen uns seitdem, regelmäßiger Kontakt zu halten und sie öfters zu sehen. Das war und ist extrem kraftraubend, weil die Krankheitseinsicht weiter vollständig fehlt und sie ihre Situation absolut nicht realistisch einschätzen kann, was absehbar zu immer neuen Katastrophen führt. Zudem macht sie uns immer wieder fürchterliche Vorwürfe. Sie ist der Ansicht, dass sie seit vielen Jahren fest angestellt wäre, wenn nicht der – von uns verschuldete – völlig unnötige Psychiatrieaufenthalts wäre und wir ihr daher mindestens 250.000 Euro schuldeten.
Weil ihr Verhalten schlicht unerträglich ist, hat sie außer uns inzwischen praktisch keine Kontakte mehr. Sie war lange in einer Kirchengemeinde aktiv, aber kam mit immer wilderen Verschwörungstheorien, die darin gipfelten, man habe sie umbringen wollen. Inzwischen ist sie aus der Kirche ausgetreten.
Sie schickt regelmäßig seitenlange E-Mails mit wilden Geschichten und Vorwürfen. Mal bezeichnet sie mich als ihre verantwortungsvolle, hilfreiche Schwester und große Stütze (was ich als fürchterliche Belastung empfinde), dann kommen kurze Nachrichten, in denen sie mich auffordert ihr wenigstens beim Sterben zu helfen, wenn ich ihr schon nicht die Unterstützung leiste, um zu leben. Wenn ich dann besorgt anrufe, ist sie längst mit etwas ganz anderem beschäftigt. Einmal drohte sie mit Selbstmord und sagte - nachdem ich panisch in der Psychiatrie angerufen hatte, um mich beraten zu lassen - sie hätte keine Zeit zu telefonieren, sie müsse Wäsche waschen.
Das alles ändert nichts daran, dass wir versuchen, sie vor größeren Katastrophen zu bewahren. Leider sind diese Bemühungen – wenn man es realistisch sieht – völlig vergebens. Mit fällt es unglaublich schwer, dass zu akzeptieren, denn bei jeden gesunden Menschen wäre das gar kein Problem.
Sie hatte z.B. eine Wohnung, die zu teuer war, als dass sie sie mit ihren Einkünften - als Freiberufler oder Hartz 4 - hätte finanzieren können. Wir haben mit ihr dann eine bezahlbare Wohnung gesucht und alles für den Umzug organisiert. Ich wollte zu ihr fahren, um zu helfen, da teilte sie mir mit, sie werde nicht umziehen. Sie war überzeugt, dass es nur ein kurzfristiger finanzielle Engpass sei und sie sich mit ihren zukünftigen Einkünften ihre Wohnung locker würde leisten können. Ihr Vermieter hat ihr dann gekündigt und sie landete in einem Heim für obdachlose Frauen. Dabei war „meine Schwester obdachlos“ immer eine meiner absoluten Panikvorstellungen. Eine der Situationen, die ich um jeden Preis verhindern wollte. Interessanter Weise ist es ihr schließlich alleine gelungen, ein neues Apartment zu finden.
Jetzt wird sie ins Gefängnis kommen - wegen Schwarzfahren. Der Haftantrittstermin ist verstrichen und sie verbringt die Zeit vorm PC, um Einspruch zu erheben. Ihr war Freiwilligenarbeit angeboten worden, aber sie findet das für jemand mit ihrem Ausbildungsstand nicht zumutbar. Sie sagt, sie will lieber im gelernten Beruf Geld verdienen, um die Strafe zu bezahlen. Sie arbeitet ununterbrochen an Bewerbungen, aber natürlich beschäftigt sie niemand mehr.
Der zweite Grund: Sie ist davon überzeugt, dass alle Leute sie dort schräg angucken würden und das hielte sie nicht aus. Sie denkt, dass sie das Opfer einer Weltverschwörung ist und Investoren, die ihren ehemaligen Arbeitgeber kaufen wollen, unbegrenzte Finanzmittel einsetzen, um ihren Ruf zu zerstören und Gerüchte zu verbreiten. Dass sei der Grund, warum Menschen den Kontakt abrechen und sie keine Arbeit mehr finde. Es gäbe beispielsweise Gerüchte, sie hätte mehrfach abgetrieben und sei quasi eine Kindermörderin. Bei der Verbreitung dieser Information spiele ihre Gynäkologin eine große Rolle, die Falschaussagen wegen der Behandlung mache und die ärztliche Schweigepflicht verletzt habe. Eine entsprechende Bewertung hat meine Schwester auf Jameda eingestellt. Jetzt ist ihr Profil gesperrt und sie sucht andere Plattformen, um diese Information öffentlich zu machen, weil sie es unbedingt „richtigstellen“ will. Jeder Versuch, sie davon abzuhalten, ist völlig vergebens.
Inzwischen fängt sie an anzudeuten, dass auch unsere mittlere Schwester von den Gerüchten beeinflusst würde und zieht sich zunehmend von ihr zurück. Statt dessen ruft sie mich z.T. 5x am Tag an und schickt zusätzlich noch Mails.
Ich bin wirklich verzweifelt. Ich wünsche mir seit 25 Jahren, den Kontakt mit ihr abzubrechen, weil sie eine viel zu große Rolle in meinen Leben spielt und ich die Beziehung als unglaubliche Belastung empfinde. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass ich das nicht darf – und die völlig irrige Ansicht, dass es mir gelingen könnte, sie vor irgendwelchen Katastrophen zu beschützen. Dabei sollte ich es längst besser wissen.